Friedrich Nietzsche
(1844 - 1900)
1844
Dienstag, 15. Oktober: Vormittags 10 Uhr wird Friedrich Wilhelm
Nietzsche als erster von drei Kindern des Pfarrers Carl Ludwig Nietzsche
und seiner Ehefrau, der Pfarrerstochter Franziska, geb. Oehler, in Röcken, einem kleinem
Dorf bei Lützen, geboren.
Röcken, Pfarrhaus und Kirche, Photographie
1849
Der Tod des Vaters trifft Nietzsche früh.
Am Montag dem 30 Juli um 5.49 Uhr stirbt Carl Ludwig Nietzsche
im Alter von 35 Jahren, 9 Monaten und 20 Tagen.
Carl Ludwig Nietzsche um 1848, Photographie
1850
Mit Mutter und Schwester siedelt er nach Naumburg
an der Saale über.
Naumburg, Panorama der Stadt, um 1870
1854
Es entstehen erste Gedichte und Kompositionen.
Erste Kompositionen, Notenblatt
1858
Nietzsche wird Internatsschüler des Gymnasiums
Schulpforta bei Naumburg.
Klassenzimmer um 1900
1864
Er nimmt das Studium der Theologie und klassischen
Philologie an der Universität Bonn auf.
Blick auf Bonn, um 1890
1865
Nietzsche folgt seinem Lehrer Ritschl nach Leipzig
und setzt sein Studium fort. Er macht erste Bekannt-
schaft mit Schopenhauers Schriften.
Arthur Schopenhauer (1788-1860)
1866
Er schließt Freundschaft mit Erwin Rohde.
1868
8. November: Nietzsche lernt Richard Wagner in
Leipzig kennen.
1869
Auf Empfehlung Ritschls wird Nietzsche an die Uni-
versität Basel als außerordentlicher Professor der
klassischen Philologie berufen.
17. Mai: Erster Besuch bei Wagner in Tribschen bei
Luzern.
Ende Mai hält Nietzsche seine Antrittsrede an der
Universität Basel über »Homer und die klassische
Philologie«. Er macht die Bekanntschaft Jacob Burck-
hardts.
Es beginnt die Arbeit an »Die Geburt der Tragödie
aus dem Geiste der Musik«.
1870
Nietzsche wird zum ordentlichen Professor ernannt.
Am Deutsch-Französischen Krieg nimmt er als frei-
williger Krankenhelfer teil.
Im Oktober kehrt er nach Basel zurück und freundet
sich mit dem Theologen Franz Overbeck an.
1872
»Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik«
erscheint und erregt sofort Aufsehen. Mit dem »Dio-
nysischen« und dem »Apollinischen« führt Nietzsche
einen durch Schopenhauers »Wille und Vorstellung«
angeregten Gegensatz ein, der für sein ganzes Werk
prägend bleibt. Dabei ist ihm die Herkunft von Scho-
penhauers »Wille« und »Vorstellung« deutlich anzu-
merken.
Es entstehen die Basler Vorträge »Über die Zukunft
unserer Bildungsanstalten« (posthum veröffentlicht).
22. Mai: Zur Grundsteinlegung des Bayreuther Fest-
spielhauses ist Nietzsche bei Wagner in Bayreuth.
1873
»Erste Unzeitgemäße Betrachtung: David Friedrich
Strauß, der Bekenner und der Schriftsteller«.
»Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Grie-
chen« (posthum veröffentlicht).
1874
»Zweite Unzeitgemäße Betrachtung: Vom Nutzen und
Nachteil der Historie für das Leben«,
»Dritte Unzeitgemäße Betrachtung: Schopenhauer als
Erzieher«.
1876
»Vierte Unzeitgemäße Betrachtung: Richard Wagner
in Bayreuth«.
Nietzsche besucht die ersten »Bayreuther Festspiele«.
Es beginnt die Freundschaft mit dem Psychologen
Paul Reé.
Aufgrund zunehmender schwer definierbarer Krank-
heit (Migräne?) wird Nietzsche von der Universität
Basel beurlaubt und verbringt den Winter mit Reé in
Sorrent. In Sorrent auch letztes Zusammensein mit
Wagner.
1878
Erster Teil von »Menschliches Allzumenschliches.
Ein Buch für freie Geister«.
Damit ist Nietzsche in die zweite Phase seines Schaf-
fens eingetreten, die »aufklärerische« oder »positivi-
stische«. Er kritisiert und demaskiert allen idealisti-
schen Schwulst bezieht in diesem Zusammenhang
auch Position gegen Wagner.
Wagner übersendet Nietzsche den »Parsifal«, dieser
übersendet »Menschliches Allzumenschliches«. Da-
nach bricht der Kontakt zu Wagner ab.
1879
Nietzsche erkrankt schwer und legt sein Lehramt an
der Universität nieder.
»Vermischte Meinungen und Sprüche«.
1880
»Der Wanderer und sein Schatten« (1886 als zweiter
Teil von »Menschliches Allzumenschliches« veröf-
fentlicht.)
Nietzsche hält sich zum ersten Mal in Venedig auf
und verbringt den ersten Winter in Genua.
1881
Nietzsche verbringt den ersten Sommer in Sils-Maria
und hört in Genua erstmals Bizets Oper »Carmen«.
Sie wirkt wie eine Erlösung von Wagner und vom dü-
steren Norden.
»Morgenröte«.
1882
»Die fröhliche Wissenschaft«.
Im Frühjahr reist er nach Sizilien und lernt Lou An-
dreas-Salomé kennen.
1883
Erster und zweiter Teil von »Also sprach Zarathu-
stra«.
1884
Dritter Teil des »Zarathustra«.
1885
Vierter Teil des »Zarathustra«. Alle Teile erscheinen
im Privatdruck. Der »Zarathustra« ist die bekannteste
und für lange Zeit wirksamste Schrift Nietzsches.
Hier taucht erstmals die Vision des »Übermenschen«
auf.
1886
»Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philoso-
phie der Zukunft«.
Die kurze Schrift enthält in einer gedrängten, ausge-
feilten Sprache die Kerngedanken von Nietzsches Phi-
losophie. Die Geschichte seit den Griechen wird als
Verfallsgeschichte (Dekadenz) verstanden. Verant-
wortlich für den Niedergang ist der abendländische
Geist selbst, der sich in Gestalt von Sokrates die
Gleichheit zum Maßstab gesetzt und damit das Mit-
telmaß eingeführt hat. Die »Philosophie der Zukunft«
ist ein Appell an die wenigen großen Geister, sich zu
erheben und dadurch die europäische Kultur von
Grund auf zu erneuern.
Es kommt zu einem letzten Treffen mit Erich Rohde
in Leipzig.
1887
»Zur Genealogie der Moral«. Die psychologisch an-
gelegte Untersuchung bildet den Hintergrund von
»Jenseits von Gut und Böse«.
1888
Georg Brandes hält an der Universität Kopenhagen
Vorlesungen über Nietzsches Philosophie.
»Der Fall Wagner«.
Nietzsche beendet die Arbeit an den »Diony-
sos-Dithyramben«.
»Der Antichrist. Versuch einer Kritik des Christen-
tums« erscheint als »Umwertung aller Werte I«.
»Ecce homo« entsteht (1908 posthum veröffentlicht).
Hier spricht Nietzsche über sich selbst und seine an
Größenwahn grenzende Berufung.
»Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psy-
chologen« (posthum veröffentlicht).
1889
»Die Götzendämmerung oder wie man mit dem Ham-
mer philosophiert«.
In Turin kommt es zum Zusammenbruch Nietzsches.
Das Leiden tritt offen als Geisteskrankheit auf, der
Patient redet irre und verschickt größenwahnsinnige
Nachrichten, die bemerkenswerterweise nicht ohne
Bezug zu Nietzsches philosophischen Ideen sind, ja
sogar als deren Konsequenz gedeutet werden können.
Nach wenigen Tagen klingt die - in der Terminologie
der Psychiatrie - »produktive Phase« von Nietzsches
Erkrankung ab, und er fällt in einen Dämmerzustand,
der bis zu seinem Tod anhält.
1897
Nach dem Tod der Mutter, die ihn bis dahin gepflegt
hat, siedelt die Schwester Elisabeth mit ihrem Bruder
nach Weimar über. Unter ihrer Leitung entsteht dort
das »Nietzsche-Archiv«, das einer tendenziösen Re-
zeption des Philosophen in den folgenden Jahrzehnten
Vorschub leistet und vor groben Textfälschungen
nicht zurückschreckt.
1900
25. August: Nietzsche stirbt in Weimar. |